Der Weihnachtsmann saß im Gras und schaute traurig zum Himmel hoch. Die Sonne schien und hätte es eigentlich warm ums Herz des Alten machen müssen, ihm eine Freude bereiten können. Aber der Weihnachtsmann seufzte nur bekümmert. Da trat Heinzelmann Peter zu ihm.
„Lieber Weihnachtsmann, erlaube mir die Frage – warum steht unsere Geschenkefabrik still? Alle Heinzelmännchen mussten gestern und heute faulenzen. Ist da etwas kaputtgegangen?“
„Da ist wohl etwas kaputtgegangen“, sprach der Weihnachtsmann traurig.
„Was denn? Der Ofen? Der Geschenkpapierschneider? Der Defroster?“
„Mein Glauben ist kaputtgegangen. Daran, dass unser Fest noch von irgendwem gebraucht wird.“
Nachdem er das gesagt hatte, stand der Weihnachtsmann auf und ging Richtung Wald los. Peter rannte ihm nach. Als er das sah, entschied der Alte, ihm zu sagen, was ihm schon so lange keine Ruhe ließ.
„Schau die bloß einmal unsere Erde an. Früher lag hier um diese Jahreszeit eine dicke Schicht Schnee. Heute gibt es wegen des Klimawandels nur noch Gras. Früher schmückten Schneeflocken die grauen, kalten Städte. Sie tanzten da im Wind. Sie flüsterten einem zu, dass es Wunder gibt. Heute fällt in den Städten nur noch kalter Regen.“
„Aber die Menschen warten doch immer noch auf Wunder! Schau dir bloß ihre Wohnungen an! Die schmücken sie, stellen Tannen auf, warten auf dich. Die Menschen brauchen dich.“
„Brauchen sie nicht. Die wollen immer nur noch mehr Geld verdienen, und deshalb haben sie begonnen, Sachen als ‚Geschenke‘ zu verkaufen. Keiner glaubt mehr an Wunder. Keiner braucht mehr unsere Geschenke. Die Kinder wollen nur teure Telefone und Laptops. Nicht das, was wir hier in unserer Fabrik herstellen.“
Der Heinzelmann blieb verwundert stehen. So traurig hatte er den Weihnachtsmann noch nie gesehen. Normalerweise war der alte Mann immer heiter und voller Energie. Er trug so viel Freude und Liebe zum Leben in sich, dass er sie mit allen um sich herum teilen konnte und jeden mit dem Glauben an Wunder ansteckte. Und eben deshalb liebten sie alle den Weihnachtsmann. In seiner Umgebung hatte man stets den Eindruck, dass das Unmögliche möglich ist, dass das Gute das Böse besiegen wird, dass es Gerechtigkeit gibt, dass Liebe und Licht ein jedes Herz erreichen können, wenn man nur daran glaubt und Geduld hat. Aber als Peter sah, dass sogar der Alte zu glauben aufgehört hatte, da ließ er die Schultern hängen. Verstört ging er nach Hause.
Zuhause wartete seine Frau Katrin auf den Heinzelmann. Sie war eine sehr weise Frau. Katrin erriet innerhalb einer Sekunde, dass etwas nicht stimmte, als sie ihren Mann erblickte.
„Erzähl schon!“, sagte sie zu ihrem Geliebten.
„Alles ist am Ende. Der Weihnachtsmann hat eine Depression. Weihnachten wird abgesagt.“
„Depressionen kann man doch heilen.“
„Aber du verstehst schon, dass mindestens ein paar Monate und ein guter Arzt nötig sind, um so eine Depression zu heilen? Und Weihnachten ist bereits in einem Monat!“
„Wenn schon zum Heilen einer Depression ein Arzt gebraucht wird, dann vielleicht auch für die Diagnose? Woher willst du so genau wissen, dass der Weihnachtsmann eine Depression hat?“
„Er glaubt nicht mehr an Wunder. Er sagt, dass keiner ihn brauchen kann. Sagt, wenn es keinen Schnee gibt, dann gibt es auch keine Wunder mehr. Sagt, dass die Weihnachtsfeiertage einfach nur ein Vorwand sind, um Geld zu verdienen.“
„Oh nein. Ich glaube, ich weiß, was mit ihm los ist!“, sagte Katrin und schaute zum Fenster hinaus. Dann ging sie schnell zu einer Schublade und suchte darin eine Lupe hervor. Als sie diese gefunden hatte, eilte sie nach draußen und begann, im Gras nach etwas zu suchen.
Der Heinzelmann rannte seiner Frau hinterher. Sie berichtete ihm, dass wegen des unnatürlichen Temperaturanstiegs in ihrer Gegend Unglaubensläuse aufgetaucht seien. Diese Läuse würden Menschen und Tiere, Heinzelmännchen und Feen beißen, sie mit Unglauben anstecken und ihr Weltbild von Grund in Frage stellen. Dann könne alles, was man sieht, einen nur noch betrüben.
„Denkst du wirklich, dass das Leben vor hundert Jahren irgendwie leichter war? Oder vor zweihundert? Die Menschen haben immer schon geglaubt, dass die Welt jetzt gerade zu Grunde geht, aber daran waren immer nur die Läuse schuld. Wenn sie einen Menschen beißen, saugen sie ihm allen Glauben an eine bessere Zukunft aus. Ich bin mir sicher, dass sie auch unseren Weihnachtsmann gebissen haben!“, fasste Katrin es zusammen.
Also verloren Peter und Katrin keine Zeit und machten sich auf die Suche nach dem Weihnachtsmann. Sie trafen ihn zu Hause an. Da saß er vor dem Kamin, in dem ein Feuer brannte, und schaute schweigend in die Glut. Katrin begann sogleich mit der Lupe den Fußboden des Weihnachtsmanns abzusuchen.
„Suchst du etwa nach Schnee? Den gibt es nicht mehr. Die Menschen haben den Schnee vernichtet. Als nächstes werden die Gletscher tauen. Wir brauchen also auch keine Pelzmäntel mehr. Wir müssen jetzt Badesachen anschaffen“, sagte der Weihnachtsmann.
Katrin war schockiert, solche Worte aus dem Mund des fröhlichen und optimistischen Alten zu hören. Also fing sie noch reger nach den Läusen zu suchen an. Und schon bald wurde sie fündig.
„Lass und die Operation ‚Weihnachten retten‘ beginnen!“, sagte die Frau des Heinzelmanns.
„Eure Rettungsbemühungen sind umsonst. Der Prozess ist nicht umkehrbar. Die großen Firmen und Regierungen tun auch nichts. Die Erderwärmung ist nicht aufzuhalten. Das Böse greift auf der Erde um sich.“
„Aber Unglaube ist doch auch etwas Böses!“, sagte Peter. „Gut, dass die Läuse nur dich gebissen haben, Weihnachtsmann.“
Schon zehn Minuten später hatte sich eine Menge Heinzelmännchen im Weihnachtsmannhaus eingefunden. Der eine räumte Sachen zusammen, ein anderer desinfizierte sie. Der Weihnachtsmann selbst wurde ins Krankenhaus gebracht, wo sich die Ärztin sorgfältig um die Bisse an seinen Beinen kümmerte und ihm warmen Tee einflößte. Bald war der Alte eingeschlafen und in warmen Träumen versunken. Als er aufwachte, war der Weihnachtsmann wieder ganz der Alte.
„Was würde ich nur ohne euch tun, meine treuen Helferlein!“, sagte er zu den Heinzelmännchen, die am Fußende seines Krankenhausbettes saßen.
„Du hast deine Güte mit uns geteilt und uns ans Gute glauben gelehrt, an die Liebe, du hast uns beigebracht, nie aufzugeben. Jetzt ist deine Güte eben zu dir zurückgekehrt.“
Zum großen Glück wurde das Weihnachtsfest dieses Jahres also gerettet und alle Kinder bekamen ihre Geschenke vom Weihnachtsmann. Und auch wenn der Alte die Welt nicht vor der Erderwärmung retten konnte, so schenkte er den Kindern doch den Glauben zu kämpfen, für das Leben, für Gerechtigkeit und Ordnung. Er schenkte ihnen Güte und Hoffnung, Liebe und Ruhe. Der Weihnachtsmann glaubte fest daran, dass die Kinder es danken und den Planeten retten würden, dass sie die Erde und sich selbst lieben und schützen könnten. Der Unglaube verließ seinen Körper für immer, und stattdessen kehrte dort erneut Glaube ein.
Autor - Margaryta Surzhenko
Übersetzung - Jakob Wunderwald
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